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Bericht der Kinder-Uni zur Vorlesung: Kater Karlo vor Gericht

Mit lautem Klopfen begrüßten etwa 120 Studierende Prof. Dr. Jörg Eisele mit drei Mitarbeitenden der Juristischen Fakultät an der Uni Tübingen, die den Professor der Rechtswissenschaften bei der Vorlesung unterstützen. „Warum brauchen wir Strafen?“ hieß das nur auf den ersten Blick etwas trocken erscheinende Thema. Auf Anhieb gewann Professor Eisele mit Harry Potter, Petrosilius Zwackelmann u.a., die er auf seiner PowerPoint Präsentation einblendete, das Interesse der anwesenden Studentinnen und Studenten. „Was haben diese gemeinsam?“ „Darf man eigentlich zaubern und hexen?“ war die spannende Frage, die kontrovers beantwortet wurde. „Hexen und Hexer gibt es ja auch nicht wirklich“, so die Meinung eines Studenten. „Ja, aber hiervon ging man nicht schon immer aus“, pflichtete Eisele bei. „Vor 500 Jahren unter Kaiser Karl V gab es eine Vorschrift, nach der Hexer und Hexen verbrannt wurden.“ Er zeigte einen Gesetzestext aus der Geschichte der Rechtsprechung.

Dann erzählte der Professor die Geschichte von „Barbara“, die in Tübingen der Hexerei angeklagt war und diese auch gestand. „Wenn Menschen etwas zugeben, heißt dies noch lange nicht, dass sie es auch gemacht haben“, erklärte er. „Deshalb muss das Gericht überprüfen, wie die Sachlage wirklich ist“. Nun wurde der Frage nachgegangen, welche Straftaten und Strafen, es für Kinder, Jugendliche und Erwachsene eigentlich gibt. Hierzu gab es zahlreiche Wortmeldungen, denn vieles wussten die Kinder zu berichten.

„Kürzlich habe ich vom Fall eines Schülers gehört, der in einer Schule die Wand bemalte. Dies ist natürlich eine Sachbeschädigung. Was meint ihr, welche Strafe könnte es dafür wohl geben?“ Eisele lieferte die Antwort schließlich selbst. Der Schüler wurde vom Gericht dazu verurteilt, an einem Spielplatz die Farbe von den Sitzbänken zu entfernen und über fünf Monate zu kontrollieren, dass es keine weiteren Sachbeschädigungen dort gibt. „Das halte ich für eine echt gute Strafe“, meinte der Professor, „denn aus einer Strafe soll man etwas lernen; sie soll aber auch der Abschreckung und Wiedergutmachung dienen.“

Dann blendete Professor Eisele ein Comic mit Kater Karlo ein, der eine Kassiererin im Supermarkt überfällt und deshalb vor Gericht erscheinen muss. Eine „räuberische Erpressung, wie man juristisch sagt“, so Eisele. „Wird Karlo verurteilt oder nicht?“ hieß hier die Frage. Vorgestellt wurde im Comic eine öffentliche Gerichtsverhandlung mit dem Angeklagten Kater Karlo, dem Staatsanwalt und dem Richter. Überraschenderweise gelang es dem Zeugen Mickey jedoch nicht, den Richter von Karlos Schuld zu überzeugen.

Anders erging es der Angeklagten jedoch in der nachfolgenden Gerichtsverhandlung, ein Rollenspiel, das Eiseles Mitarbeiter als Angeklagte, als Polizist und als Richterin zum Besten gaben. Die Rollen der Zeugen übernahmen Schülerinnen der Ertinger Michel-Buck-Gemeinschaftsschule.

Bereits vor der Vorlesung war die Angeklagte ins Foyer der Schule gekommen und entwendete von der Bühne verschiedene Gegenstände. Das hatten einige der ungefähr 120 anwesenden Kinder-Uni-Besucher, die bereits auf ihren Stühlen saßen, beobachtet. Aber was sahen sie wirklich? Die Richterin eröffnete die Gerichtsverhandlung. Die Angeklagte wurde über ihre Rechte aufgeklärt und entschied sich, eine Aussage zu machen; in dieser bestritt sie, dass sie die Gegenstände gestohlen hat. Dann wurden nach und nach die Zeugen aufgerufen, die in einem Nebenraum warteten. Was entwendete die Täterin? Welche Kleidung hatte sie an? Recht unterschiedlich fielen die Zeugenaussagen aus, doch die Täterin konnte überführt werden und wurde zu zehn Stunden gemeinnützige Arbeit an der Gemeinschaftsschule in Ertingen verurteilt.

Nachdem auch die Kinder im Plenum Gelegenheit hatten, mitzuteilen, was sie beobachtet hatten, blendete Professor Eisele ein Bild von der Täterin und den entwendeten Gegenständen ein. Durch das Experiment konnten die Studierenden erkennen, wie schwierig es ist, richtige Zeugenaussagen zu machen und wie bedacht und gründlich das Gericht arbeiten muss, um gerechte Urteile zu sprechen.

Text: Elisabeth Sontheimer-Leonhardt, Kinder-Uni Oberschwaben e.V.

Foto: Zeugenbefragung_Prof. Dr. Jörg Eisele mit Greta Schreijäg_Foto Gabriele Blender, Michel-Buck-GMS Ertingen